Interview mit Lisa Poloczek über Ergotherapie, Beruf und Leben
Wie bist du zur Ergotherapie gekommen?
Ich wollte zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn Motopädin werden. Hierzu wurde aber eine therapeutische Ausbildung benötigt. Ich überlegte, welcher therapeutische Beruf für mich in Frage kommen könnte. Bei der Frage des Schulpraktikums entschied ich mich für ein Praktikum in der Ergotherapie und Logopädie. Die Physiotherapie hatte ich als Patientin schon kennengelernt. Nach dem Praktikum war klar, dass ich die therapeutische Richtung einschlagen wollte. Weil ich mich aber noch nicht entscheiden konnte, was es werden soll, besuchte ich noch die zweijährige Fachoberschule für Sozial- und Gesundheitswesen. Nach der Schule absolvierte ich 2013-2014 ein Jahr im Bundesfreiwilligendienst. Während dieser Zeit lernte ich eine Ergotherapeutin kennen. Der Austausch mit ihr führte letztendlich zu der sicheren Entscheidung:
Ich werde Ergotherapeutin
!
Deine persönlich Ergotherapiedefinition:
Vom Image der Basteltante zur Alltagsheldin.
Ergotherapeuten befähigen Klienten dazu, über den Tellerrand zu schauen.
Unabhängig von Diagnosen kommt es im Leben vor, dass man in bestimmten Situationen nicht mehr weiterkommt und ein Befreien aus dieser Situation fast unmöglich erscheint. Wir Ergotherapeuten sind dazu da, mit unserem Fachwissen und der Eigenexpertise des Klienten gemeinsam einen Weg zu finden, um die Ziele fürs Leben erreichen zu können.
Was würdest du dir für die Ergotherapieszene wünschen und ganz ehrlich: gibt es Dinge, die dich nerven?
Ich wünsche mir, dass die Ergotherapie mehr an Stellenwert im Gesundheitswesen gewinnt.
Die Ärzte sollten über die Arbeit, die wir tun, mehr aufgeklärt sein, sodass wir ganz klar von anderen therapeutischen Berufsgruppen unterschieden werden können.
Dein schönstes Therapieerlebnis?
Ein Hausbesuchspatient mit multipler Sklerose hatte den Wunsch, eine Pizza zu backen. Es kam in seinem Leben nie dazu, dass er für seine Ehefrauen kochen durfte. Er wurde von seinem Umfeld und im Laufe der MS-Erkrankung unterschätzt und da war klar...
Das packen wir
. Nach vielen Überlegungen, wie er den Wunsch trotz der Schwere der Erkrankung umsetzen konnte, legten wir los.Das gezielte Greifen wurde von einem Tremor in den Händen erschwert, sodass die Pizza mit Hilfe von geführten Bewegungen gemeinsam belegt werden konnte. Käse und Tomatensauce war nach kurzer Zeit überall, was aber zu einem sinnlich-matschigen Hantieren mit vielen Lachern wurde. Gemeinsam durfte ich sogar mit ihm und seiner Frau am Mittagstisch sitzen und die Pizza essen. Beim Tischgebet wurde ich mit einbezogen und seine Worte waren
Lieber Gott, ich danke dir für den tollen Tag und ich bin sehr dankbar für Lisa, die mir einen meiner größten Wünsche ermöglicht hat.
Welche Lehre / welcher Lehrer inspiriert dich?
Das Konzept der Neurokognitiven Therapie nach Carlo Perfetti
Beschreibe deinen Therapie in 3 Worten!
Wertschätzend, Humorvoll, Optimistisch.
Wie sehen deine Schwerpunkte in der Praxis aus?
- Geriatrisches Klientel
- Klienten mit Neurologischen/ Neurodegenerativen Erkrankungen
- Gruppentherapien mit Kindern (MKT- Training) & Jugendlichen (Attentioner-Training)
Wann hast du zum letzten Mal etwas völlig Verrücktes gemacht?
Gemeinsam mit meiner besten Freundin war ich auf den Seychellen und hatten keinen richtigen Plan, wie die Reise ausgeht.
Was gehört auf Reisen immer mit ins Gepäck?
Ein spannendes Buch, After-Sun (es gibt nichts schlimmeres als einen dicken Sonnenbrand) und einen Weggefährten, mit dem ich viel lachen kann.
Hast du einen ultimativen Betätigungs- oder Gesundheitstipp für uns?
Zitat eines Patienten:
Wenn du aufhörst zu lachen, dann ist alles vorbei.
undDrei Dinge helfen, die Mühseligkeit des Lebens zu tragen: Die Hoffnung, der Schlaf und das Lachen.
— Immanuel Kant