Ergotherapeutische Praxis

ZEITRAUM

Essen-Katernberg, Gelsenkirchener Straße 285

Interview mit Ellis Adu über Ergotherapie, Beruf und Leben

Wie bist du zur Ergotherapie gekommen?

Bei der Suche nach DEM sinnvollen Beruf, den ich mir vorstellen konnte ,laaaaaaange Zeit auszuüben…. Ich habe viele verschiedene Praktika gemacht. Bis ich schließlich an einer Förderschule eine Ergotherapeutin, ihren Arbeitsalltag, ihre Motivation, die Klient/-innen, deren bedeutungsvolle Betätigungen und Lebensgeschichten kennenlernte. Ab dem Zeitpunkt wusste ich, was ich werden wollte…

 

 

Deine persönlich Ergotherapiedefinition:

Ergotherapie hat das Ziel, die individuelle Lebenszufriedenheit zu stärken und im Prozess gemeinsam zu erarbeiten ,was es dazu braucht. Dabei ist die bedeutungsvolle Betätigung das Kernstück. Diese eröffnet uns so viele tolle Möglichkeiten und stellt uns gleichzeitig zu bewältigende Hindernisse in den Weg . In unserer Arbeit geht es dann darum, gemeinsam einen gelungenen, individuellen und sinnvollen Umgang mit eben diesen Ressourcen und Hindernissen zu finden, um persönliche Betätigungsanliegen zu erreichen.

Was würdest du dir für die Ergotherapieszene wünschen und ganz ehrlich: gibt es Dinge, die dich nerven?

Nicht nur für die Ergotherapieszene, sondern für alle Heilmittelerbringer, wünsche ich mir eine faire Bezahlung und angemessenere Arbeitsbedingungen. Mich stört, dass das Bild der Ergotherapie, welches häufig im öffentlichen Diskurs herangezogen wird, veraltet ist oder nur bruchteilhaft abbildet, was Ergotherapie ist und leisten kann. Ich wünsche mir, dass die Relevanz der Ergotherapie wahrgenommen und in Form von einer Etablierung von Ergotherapeuten in Bildungseinrichtungen und in allen Bereichen der Gesundheitsförderung umgesetzt wird.

Dein schönstes Therapieerlebnis?

Im Sommer 2018 meldete die Mutter eines Jungen mit frühkindlichem Autismus diesen bei uns an, um die Wartezeit auf einen Therapieplatz in einem Autismus-Therapiezentrum zu überbrücken. Ich wurde von den Kolleginnen als geeignete Ansprechpartnerin auserkoren und nahm die Herausforderung gerne an. Eine echte und gelungene Therapie nach meinem bisherigen Vorstellungsvermögen konnte nicht stattfinden. Kommunikationsschwierigkeiten auf Grund einer Sprachbarriere machten die Sache nicht leichter.

Klar war nur, das Kind sollte zur Ruhe kommen, sich kurzfristig fokussieren, auf die Schule vorbereitet werden und es hatte ein Faible für Zahlen und Malen. Was war das Schöne…? In nur wenigen Einheiten haben der Junge und ich uns so kennengelernt, dass ein sinnvolles und ein geordnetes Tun entstehen konnte. Während der Junge in den ersten drei Einheiten alle 2-3 Minuten versuchte, aus dem Therapieraum zu rennen und schrie, sobald eine Handlung beendet werden sollte, liess er sich ab der vierten Einheit gerne, geführt in Anlehnung an Affolter, auf jede Menge Aktivitäten ein. Er genoss rhythmisierte Bewegungsabläufe und forderte die gemeinsame Interaktion selbst ein. Er erweiterte seine Verhaltensrepertoire und liess mich an seinem Interesse für Aktivitäten in der Küche teilhaben. So backte er zusammen mit mir einen Kuchen. Die Behandlung fand nicht langfristig statt. Für mich war dies Begegnung aber bestärkend in vielerlei Hinsicht, da ich erlebt habe, wie sich aus einer gefühlten Katastrophe eine gelungene gemeinsame Aktivität entwickeln kann.

Welche Lehre / welcher Lehrer inspiriert dich?

Die Salutogenese, umgangssprachlich die „Lehre der Entstehung von Gesundheit“. Mir gefällt daran der unkonventionelle Blickwinkel und die Idee, sich mit positiven, gesundheitsfördernden Faktoren einer Situation, Person, oder eines Systems auseinanderzusetzten und diese zu stärken. Das Leben ist kein reißender Fluss, aus dem du gerettet werden musst, viel cleverer ist es doch, schwimmen zu lernen! (frei zitiert nach Aaron Antonovsky)

Beschreibe deinen Therapie in 3 Worten!

authentisch, humorvoll, ressourcenorientiert.

Wie sehen deine Schwerpunkte in der Praxis aus?

Die Arbeit mit Kindern habe ich schon immer sehr geschätzt, um so glücklicher bin ich, dass mein Schwerpunkt auch jetzt in der Pädiatrie liegt. Dabei ist das Pfiff-Projekt mein persönliches Highlight. Es macht mir großen Spaß, Veränderungen und Erfolge im Alltag der Kinder mit zu initiieren, zu begleiten und zu beobachten.

Wann hast du zum letzten Mal etwas völlig Verrücktes gemacht?

Verrücktheit liegt im Auge des Betrachters und gehört für mich gut dosiert zum alltäglichen Leben dazu, deshalb ist verrückt auch eines meiner Lieblingsworte.
Ein bisschen verrückt war es vielleicht, in der Therapie anstatt zu sprechen einfach einmal zu singen, sodass sich das Gespräch mit einem Kind einfach in einen singenden Dialog verwandelt hat. Kleine Überraschungen oder Verrücktheiten bringen Würze in unser Leben.

Was gehört auf Reisen immer mit ins Gepäck?

Eine leichte Decke, damit ich es mir irgendwo an einem Fleckchen Natur, das mir gefällt, gemütlich machen kann, um mich zu sonnen und die Schönheit und Ruhe der Natur zu genießen.

Hast du einen ultimativen Betätigungs- oder Gesundheitstipp für uns?

Bei sich selbst bleiben und darauf hören, was Körper und Geist uns raten. Am glücklichsten und gesündesten sind diejenigen, die gut auf sich Acht geben. Wir selbst und alles ,was in uns liegt, sind die größte Ressource im Leben! Natürlich darf man Familie und Freunde nicht vergessen, die sind mindestens genauso wichtig.